Gewinner*innen

Erster Preis

Character Coding

von Gabriella Achadinha

Jurystatement

Die Arbeit "Character Coding" von Gabriella Achadinha überzeugte die Jury durch ihre präzise und formalästhetische Auseinandersetzung mit der aktuellen Nutzung von Smartphone-Fotografie im Kontext des Internets und von Social Media. Innerhalb eines einzigen langen Bildstreifens arrangiert die Künstlerin diverses Bildmaterial zu einer Collage und gibt damit bereits die Art der Rezeption vor: Scrollen ist erwünscht. Screenshots von Smartphone-Sperrbildschirmen oder WhatsApp-Konversationen werden mit Text und digitalen Zeichnungen überlagert. Grob ausgeschnittene Fundstücke aus dem Netz werden persönlichen Fotos gegenübergestellt, dann wieder erscheinen Fragmente von Werbeanzeigen, unterbrochen von Schlagzeilen und Google-Sucheinträgen. Die Arbeit bedient sich verschiedener Methoden des Zitierens, Kopierens und Wiederholens, die symptomatisch für unsere digitale Kultur des Teilens sind, sowohl im künstlerischen als auch im popkulturellen Räumen.

Thematisch setzt sich "Character Coding" mit weiblichen Stereotypen, toxischer Maskulinität und der Belästigung von als weiblich gelesenen Personen in Online-Räumen auseinander. Damit hinterfragt die Arbeit auch sogenannte Internetphänomene wie Hate Speech und Hasskommentare, sowie den aktuellen Stand des Netzfeminismus und den männlichen Blick im Allgemeinen.

Detail des Kunstwerks

Jurystatement

Die Arbeit "Character Coding" von Gabriella Achadinha überzeugte die Jury durch ihre präzise und formalästhetische Auseinandersetzung mit der aktuellen Nutzung von Smartphone-Fotografie im Kontext des Internets und von Social Media. Innerhalb eines einzigen langen Bildstreifens arrangiert die Künstlerin diverses Bildmaterial zu einer Collage und gibt damit bereits die Art der Rezeption vor: Scrollen ist erwünscht. Screenshots von Smartphone-Sperrbildschirmen oder WhatsApp-Konversationen werden mit Text und digitalen Zeichnungen überlagert. Grob ausgeschnittene Fundstücke aus dem Netz werden persönlichen Fotos gegenübergestellt, dann wieder erscheinen Fragmente von Werbeanzeigen, unterbrochen von Schlagzeilen und Google-Sucheinträgen. Die Arbeit bedient sich verschiedener Methoden des Zitierens, Kopierens und Wiederholens, die symptomatisch für unsere digitale Kultur des Teilens sind, sowohl im künstlerischen als auch im popkulturellen Räumen.

Thematisch setzt sich "Character Coding" mit weiblichen Stereotypen, toxischer Maskulinität und der Belästigung von als weiblich gelesenen Personen in Online-Räumen auseinander. Damit hinterfragt die Arbeit auch sogenannte Internetphänomene wie Hate Speech und Hasskommentare, sowie den aktuellen Stand des Netzfeminismus und den männlichen Blick im Allgemeinen.

Zweiter Preis

Sedimentary Clouds

von Maryam Ghasemi

Jurystatement

Maryam Ghasemis Serie "Sedimentary Clouds" beeindruckte die Jury durch den simplen und effektiven Einsatz von Glitching und dessen generatives Potenzial. Ihre Arbeiten zeigen zusammengesetzte Collagen von fragmentierten Innenräumen. Sie befassen sich mit dem Zustand, Teil der iranischen Diaspora zu sein, und dem allgegenwärtigen Bildschirm-Glitch, der die Basis für familiäre und zwischenmenschliche Liebe für alle Fernbeziehungen im 21. Jahrhundert schafft. Indem Ghasemi diese auf den ersten Blick unscheinbaren und fragmentierten Innenräume durch Screenshots von Videoanrufen zusammenstellt, betont sie die Alltäglichkeit der Vertreibung und deren nun vergangenen Ausnahmestatus. Vertreibung ist eine zunehmend allgegenwärtige Erfahrung. Hyperobjekte wie die globale Erwärmung und die Verknappung fossiler Ressourcen werden diesen Zustand im kommenden nomadischen Jahrhundert noch verstärken. Während Migration weltweit immer noch als etwas Außergewöhnliches angesehen wird, entsteht Vertreibung durch eine Krise nach der anderen - von Umweltkatastrophen zu politischer Instabilität, von wirtschaftlicher Unsicherheit zu regelrechten Kriegen, von globalen Pandemien zu den ungleichen Folgen der Klimakrise. Es ist klar, dass die "Krise" zur Norm wird, ebenso wie die Vertreibung. Maryam Ghasemis Arbeiten haben dem eine visuelle Sprache gegeben und die Poetik der Polarität - die gleichzeitige Anwesenheit und Abwesenheit durch Online-Verbindungen - monumentalisiert, ohne dabei in pathetische Selbstexotisierung oder Auto-Orientalismus zu verfallen. Drei Monate nach den Antiregierungsprotesten nach der Ermordung von Mahsa Amini und 40 Jahre nach Beginn der Diktatur im Iran vermeidet Ghasemis Arbeit Sensationslust und zeigt stattdessen die Feinheiten und Normalität der Vertreibung in einer Welt der anhaltenden Krisen.

Auszug aus der Fotoserie

Jurystatement

Maryam Ghasemi’s series “Sedimentary Clouds” impressed the jury in its simple and effective use of glitching and its generative potential. Her works show assembled collages of fragmented interiors. They deal with the condition of being part of the Iranian diaspora and the ubiquitous screen-glitch that lays the foundation of familial and relational love for everybody loving long distance in the 21st century. In assembling these, at first gaze, bland and fragmented interiors through screenshots of video calls, Ghasemi emphasizes the mundanity and the deexeptionalization of displacement. Displacement is an increasingly ubiquitous experience – hyperobjects like global warming and fossil resource scarcity will ever increase this condition throughout the upcoming nomad century. While movement worldwide is still framed as exceptional, displacement emerging from crisis after crisis—environmental disasters to political instability, economic insecurity to outright war, global pandemic to the uneven effects of climate catastrophe—it is clear that, just as “crisis” is becoming the norm, so too is displacement. Maryam Ghasemi’s works have given a visual language to this and monumentalize the poetics of polarity – the simultaneous presence and absence through online connections – without tapping into pathetic self-exotification or auto-orientalism. Three months into the anti-government protests after the murder of Mahsa Amin and 40 years into the dictatorship in Iran, Ghasemi’s work avoids sensationalism and instead shows the subtleties and ordinariness of displacement in a world of ongoing crises.

Dritter Preis

The Wooden Beaver Archive

von Michael Borowski

Jurystatement

Die Serie "The Wooden Beaver Archive" des US-Künstlers Michael Borowski überzeugte die Jury als ebenso ungewöhnlicher wie subtiler und formal eigenständiger Beitrag zur Auseinandersetzung mit bildgebenden KI-Programmen. Borowski generierte anhand von ‘Prompts’ Bilder von Badehäusern, Saunen und Spas, die in den USA im späten 19. Jahrhundert an Orten mit Mineralquellen errichtet wurden. Diese Einrichtungen boten damals nicht zuletzt die Möglichkeit, (nicht akzeptiertes) homoerotisches oder queeres Begehren auszuleben. Die vom KI-Programm generierten Bilder zeigen Menschen oft fragmentiert oder verzerrt, manchmal sind gar einzelne Körperteile nicht eindeutig zuzuordnen. Diese Bildfehler haben aber eine eigene ästhetische Qualität, durch welche es hier so aussieht, als würden sich mehrere Menschen umarmen, umschlingen oder buchstäblich ineinander verflechten . Von diesen digitalen Bildern fertigte Borowski Negative an, die dann die Grundlage für Salzabzüge wurden. Dies ist ein fotografisches Verfahren aus der Frühzeit der Fotografie, das gerade zu der Zeit populär war, als auch die Badehäuser boomten. Borowski hat damit historische Bilder nachgestellt, die es in dieser Form nicht gibt, er schafft hiermit also ein fiktives Archiv. Mit dem Salzdruck hat er ein Verfahren gewählt, das, wenn es nicht perfekt angewandt wird, auch zu Verzerrungen der Motive führt und auf diese Weise die Wirkung der KI historisiert.

Auszug aus der Fotoserie

Jurystatement

Die Serie "The Wooden Beaver Archive" des US-Künstlers Michael Borowski überzeugte die Jury als ebenso ungewöhnlicher wie subtiler und formal eigenständiger Beitrag zur Auseinandersetzung mit bildgebenden KI-Programmen. Borowski generierte anhand von ‘Prompts’ Bilder von Badehäusern, Saunen und Spas, die in den USA im späten 19. Jahrhundert an Orten mit Mineralquellen errichtet wurden. Diese Einrichtungen boten damals nicht zuletzt die Möglichkeit, (nicht akzeptiertes) homoerotisches oder queeres Begehren auszuleben. Die vom KI-Programm generierten Bilder zeigen Menschen oft fragmentiert oder verzerrt, manchmal sind gar einzelne Körperteile nicht eindeutig zuzuordnen. Diese Bildfehler haben aber eine eigene ästhetische Qualität, durch welche es hier so aussieht, als würden sich mehrere Menschen umarmen, umschlingen oder buchstäblich ineinander verflechten . Von diesen digitalen Bildern fertigte Borowski Negative an, die dann die Grundlage für Salzabzüge wurden. Dies ist ein fotografisches Verfahren aus der Frühzeit der Fotografie, das gerade zu der Zeit populär war, als auch die Badehäuser boomten. Borowski hat damit historische Bilder nachgestellt, die es in dieser Form nicht gibt, er schafft hiermit also ein fiktives Archiv. Mit dem Salzdruck hat er ein Verfahren gewählt, das, wenn es nicht perfekt angewandt wird, auch zu Verzerrungen der Motive führt und auf diese Weise die Wirkung der KI historisiert.

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